Auszüge aus der Festschrift stellen auch ZeitRäume dar.
An die, die in Bodenstedt eine neue Heimat fanden.
Und nun wenden wir uns an Euch, Ihr Männer, Ihr Frauen und Kinder, die Ihr, aus der Heimat vertrieben, hier eine Stätte gefunden habt, die Euch eine neue Heimat sein soll. Fremd schien Euch das Land, fremd die Menschen und ihre Sitten und Gebräuche, und doch sprachen sie Euere Sprache, unsere schöne deutsche Muttersprache, und die war es, die Euch verband. Not und Elend, Kummer und Sorge und Grauen und Verzweiflung waren Euere ständigen Begleiter auf dem Leidenswege, der Euch nach dem Westen führte. Die quälende Ungewißheit: Was wird aus uns werden, ging am Abend mit Euch zur Ruhe und stand am anderen Morgen als graues Gespenst wiederum an Euerem Lager.
Inzwischen sind Jahre vergangen, und der Sorgen sind nicht weniger geworden. Doch das Leben ist stärker als sie. Wohl ist der Kampf um das tägliche Brot der gleiche geblieben, aber er ist nicht mehr so unbarmherzig wie am Anfang.
Und hängen an den Wänden Euerer Stuben nicht noch die alten Bilder der fernen Heimat? Wie oft wohl schweifen die Gedanken zurück und Überbrücken Land und Strom! Da geht der Blick wohl zum Fenster hinaus, als müsse er die altvertrauten Berge und Wälder und Wiesen und Felder wieder 'herbeizaubern. Da spricht der Mund wie im Traum die Namen heimatlicher Stätten. Ihr erwacht! - Und die Wirklichkeit??? Fast scheint es, als mußten wir erst in die Fremde wandern, um die Schönheiten der Heimat richtig zu erleben! '
Aber ist es nicht ein uraltes ewiges Gesetz, das alles sich zu einem Ringe schließt? Wissen wir denn, ob wir nicht gerade hier an dem Orte stehen, von welchem vor Jahrhunderten der große Treck nach dem Osten ausging? Aus dem Westen kamen sie, die Kolonisatoren des deutschen Ostens! Von dem Lokator geführt, traten. sie mit Kind und Kegel, Vieh und Pflug, Hausrat und Saatgut den Zug ins Ungewisse an. Welch einen unbändigen Mut, welch riesenstarke Zuversicht auf die eigene Kraft und welches Gottvertrauen besaßen doch jene Menschen, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht hatten, das unbesiedelte Land zu erschließen und dem Boden die Frucht abzuringen! Wohl mag' der eine oder der andere unter der Last der Anstrengung zusammengebrochen sein. Manch einer im Kampf mit Bär und Wolf und räuberischen Feinden das Leben verloren haben! Doch stets war einer da, der das begonnene Werk fortsetzte. Nicht mit dem Schwert, sondern mit dem Pflug haben die Siedler des deutschen Ostens das Land erobert, die Scholle, auf der manches Geschlecht jahrhunderte lang saß. Und die Enkel gingen den gleichen Weg ins Ungewisse - - zurück!! Und obwohl arm und sorgenbelastet, ausgetrieben und ausgeplündert, wir haben behalten den Glauben und die Liebe zu unserer Heimat, den
Lebensmut und das Gottvertrauen. Wir haben behalten die Hoffnung auf eine Rückkehr - ob früher oder später, ob wir selbst oder unsere Kinder oder Enkel - einmal noch kommen wir heim! Doch auch sie, die neue Heimat hier, die uns in unserer Not hier aufgenommen hat, wollen wir achten und ehren, wollen uns mit ihren Sitten und Gebräuchen vertraut machen und ihre Eigenarten zu verstehen uns bemühen. Dann werden wir sein wie Kameraden, die auf Gedeih und Verderb miteinander verbunden sind.
Rolf Paes
Das Bild der Heimat.
Abends, wenn die Sterne kommen
geht mein Herz die weite Reise
zu den tiefen Heimatbronnen,
die im Innern rauschen leise.
Und mein Blick bekommt ein Leuchten,
das bricht hell aus Heimatquellen,
die des Alltags Gram mir scheuchten
und sich lieb mir zugesellen.
Doch so wie die Sterne gehen
weiter ihre stummen Bahnen
muss mein Heimatbild verwehen
und es reif in mir ein Ahnen.
Reift ein Ahnen, dass ein Kommen
und ein Gehen uns verbindet.
Und dass jeder seine Heimat
tief im Herzen wiederfindet.
Verfasser unbekannt
Aus dem Kirchenleben
1568 wird von einem Johannes Fabri, Pastor. zu Bonstedt, Köchingen und Liedingen berichtet, der um seines evangelischen Glaubens willen viel gelitten hat. (Quelle für beides: Zeitschrift für Niedersächsische Kirchengeschichte, 42. Jahr Heft 1937 Seite 246 ff.) Von dem Letzteren wird auch berichtet, daß er in seinem Hause eine kleine Kinderschule halte (nach Pastor Simm); was die Erwähnung der ersten Schule bedeutet!
Nach der Durchführung der Reformation erfolgte unter dem ersten evangelischen Herzog Julius eine neue kirchliche Einteilung. Bodenstedt gehörte zu der Generalsuperintendantur WolfenbütteI, zur Inspektion Barum und 1753 zur Inspektion Engelnstedt. Daß das Verhältnis zwischen Pfarrer und Gemeinde nicht immer gut war, bezeugt eine Notiz über den Pastor Georgius Müller, der "hitzige Zwistigkeiten" mit der Gemeinde hatte, die "ihn um Amt und Leben brachten" -, er starb 1691 an Schwindsucht. (Nach Pastor Simm.)
Auch mit ihren Opferleuten und Schulmeistern hatten die Pfarrer bis- weilen Verdruß. So wird berichtet, daß Heinrich Christian Heinrichs, der aus Bodenstedt stammte und 1795 starb, den Pastoren Klee und Tappen viel Verdruß gemacht hat. (Nach Pastor Simm.) Opferleute waren Kiirchendiener, die unter anderem auch das Glockenläuten und Uhrenstellen besorgten. In den Akten der Pfarre befindet sich ein älterer Bericht eines Pfarrers, in dem es heißt: "An Arglist und Unredlichkeit fehlt es selten. Holz und Obst zu stehlen, wird gar nicht für Sünde gehalten, denn nach dem, was in der kirchlichen Bibel steht und in der Kirche gelehrt wird, will man sich nicht richten, weil es nicht zu der Weisheit der Kruggäste stimmt. / ... Und aller Orten sind Schleich- und Diebeswege... / .,. fällt außerordentlich Vieles vor, was für die Pfarre und Schule nachteilig ist. Kurz, hier herrschen viele und große Unordnungen und offenbare Laster." Der Einfluß der Kirche auf die Gemeinde nahm auch hier immer mehr ab. Besonders als nach dem 1. Weltkriege die Kiirche vom Staat getrennt
und ihr auch die Schulaufsicht genommen wurde. Der letzte Pastor, der die Schulaufsicht ausübte, war der bis 1928 hier amtierende Pastor Wolf. Die Vertretung der Gemeinde bei der Kirche erfolgte früher durch die "Altarleute" -als solche wurden 1652 Curd Wilkens, Hennig Siedentop, Barthold Wilckens, Borgward Lampe, Heinrich Siedentop, Heinrich Lies,
Hennig Liess, Christoph Lampe, Hermann Lies, Hans Siedentop genannt -, später durch den "Kirchengemeinderat", der durch die Kirchengemeinde gewählt wird und zu dem jetzt gehören: Walter Lauenstein (Vorsitzender), Albert Burgdorf, Hermann Hotop, Hermann Vespermann, Heinrich Lies, Hermann Meier, Heinrich Paul, Hermann Harling. Das Pfarramt wird z. Zt. von Pastor Buttler, Alvesse, betreut, nachdem der letzte hiesige Pfarrer, Pastor May, im vergangel}en Jahre nach Königslutter versetzt wurde. Durch die Einbürgerung der Ostvertriehenen kamen 217 Angehörige der katholischen Kirche in das Dorf, die seelsorgerisch durch Pfarrer Kuhna, Vechelde, betreut werden. Seit der Reformation sind bis jetzt folgende Pastore hier im Amt gewesen:
1. Ludivicus Hermann hat 1560 noch gelebt
2. Johann Faber
3. Johann Liberkühn bis 1600
4. Christian,König gest 1662
5. Christopf König gest 1684
6. Georg Müller gest 1687
7. Sylvester Erhard gest 1690
8. Heinrich Hylshorst gest 1730
9: Daniel Oedirig gest 1744
10. Johann Lübbecke bis 1753
11. Karl Menge bis 1771
12. Friedrich Klee gest. 1786
13. Ludwig Tappe gest. 1831
14. Hörstel gest. 1841
15. Kühne gest. 1875
16. O. Stutzer bis 1876
17. Reinhold Satzinger bis 1903
18. Johann Wolf bis 1928
19. Karl Witte bis 1945
20. Fritz Schönrock bis 1948
21. Werner May bis 1951
Aus dem Gemeindeleben
Nach den Musterungsrollen des Herzogthums Braunschweig aus dem 16. Jahrhundert, die als Grundlage für das Aufgebot die Anzahl der Feuerstätten in den Dörfern enthalten, befingen sich:
1539 in Bodenstedt 29 Feuerstätten, 1602 deren 50.
1756 gibt es 56 Reihe Häuser, 7 Halbspänner, 37 Kotsassen, 12 Brinksitzer.
Im Verzeichnis der lebenden Personen 1793 (Akten der Pfarre):
103 Haushaltungen, 62 Feuerstellen, 196 männliche und 210 weibliche Einwohner, 77 Ehen, 76 Hausväter, 83 Mütter, 5 männliche und 8 weibliche ledige Erwachsene, 13 Knechte, 7 Enken, 18 Mägde, 2 Gesellen, 1 Lehrling, 7 Altväter, 19 Altmütter, 20 männliche und 19 weibliche Kinder über 14 Jahre, 65 männliche und 63 weibliche Kinder unter 14 Jahren,
3 Witwer, 23 Witwen, 4 Waisen, 41 Landeigentümer und Pächter mit 51 Feuerstellen.
24 Tagelöhner und Handarbeiter mit 3 Feuerstellen, 2 Krüger mit 2 Feuerstellen,
10 Leineweber, 2 Schneider, 1 Schuster, 1 Fleischer, 1 Drechsler 1 Hufschmied,
1 Windmüller. (Insgesamt 4 Feuerstellen.) , Juden: keine.
1833 gibt es 479 Einwohner, 95 Schulkinder, 7 Halbspänner, 46 Kotsassen, 9 Brinksitzer,